GESCHICHTLICHES.

Zusammen mit den Litauern, den alten Preußen und einigen anderen, jetzt erloschenen Volksstämmen bilden die Letten den baltischen Zweig der indoeuropäischen Völkerfamilie. Beredtes Zeugnis von ihrer tief in die Zeiten zurückgreifenden Abstammung legt ihre Sprache ab, die durch ihre Anklänge an das Sanskrit u. a. ein bevorzugtes Forschungsobjekt der vergleichenden Sprachwissenschaft ist.

Die einzelnen lettischen Stämme, so die Kuren in der Gegend des heutigen Liepāja, die Semgallen am Lauf der Lielupe, die Selen am Mittellauf der Daugava u. a. m. bildeten selbständige Staatswesen mit eigenen Fürsten und Führern, ehe Eingriffe fremder Mächte den natürlichen Staatsbildungsprozeß unterbrachen. Diese lettischen Stammesgebiete standen in regen Beziehungen zu anderen Völkern. Die Daugava war seit je ein bevorzugter Handelsweg der Wikinger. Zahlreiche auf lettischem Gebiet gemachten Funde arabischer, römischer und skandinavischer Münzen zeugen von lebhaftem Handelsverkehr. Seiner geographischen Lage, die einerseits so viele fremde Kultureinflüsse und wirtschaftlichen Austausch zur Folge hatte, hat es das lettische Volk aber auch zu verdanken, daß es seine nationale Eigenart durch alle Stürme bewahrt hat. Solange der russische Staat noch nicht erstarkt war, hatten die Nationen des Nordens und Westens die Führung im Verkehr zwischen West und Ost und verhinderten das Vordringen der Russen an die Ostsee. Skandinavier, Dänen und Deutsche versuchten abwechselnd, sich am Ostufer des baltischen Meeres festzusetzen, bis es schließlich im 13. Jahrhundert den Deutschen gelang, auf dem Gebiete des heutigen Estland und Lettland einen lockeren Staatenbund zu schaffen. Als unter Peter dem Großen Rußland erstarkte, drang es seinerseits vor und unterwarf sich in heftigen Kämpfen mit Polen und Schweden das von den Deutschen ehemals besetzte Gebiet. Diese Kriege brachten zwar unsägliches Elend über das lettische Volk, verhinderten aber gleichzeitig, daß irgend eine der im Kampfe liegenden Mächte die Möglichkeit fand, das lettische Volk seiner nationalen Eigenart zu entfremden und einem fremden Kulturkreis einzuverleiben.

Auch in den Jahrhunderten der deutschen Oberherrschaft bildete das lettische Volk die Grundlage des materiellen Lebens des Landes, denn die Deutschen blieben stets nur eine dünne Oberschicht. Die zu Beginn persönlich freien Bauern wurden gegen Ende des 15. Jahrhunderts an die Scholle gefesselt und leibeigen. 1561 brach der

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Herbstegen.
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